Dyesol ist eine 2004 gegründete australische Firma. Dyesol weist insbesondere auch auf eine Zusammenarbeit mit der Schweizer École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) hin.
Die Mission ist, die Grundlagen für eine nanotechnologisch basierte Technologie der "dritten Generation" zur Herstellung von Solarmodulen zu erarbeiten. Entsprechend entwickelte Dyesol bestimmte Verfahren, Chemikalien und Anlagen, die angeblich zur wirtschaftlichen Herstellung derartiger Solarmodule geeignet sein sollen.
In diesem Fall geht es um sogenannte organische Solarzellen. Derartige Zellen reagieren noch empfindlicher auf Umwelteinflüsse als die inhärent instabilen CIS-Dünnschichtsolarzellen. Auch das Berliner Hahn-Meitner Institut (HMI) hatte sich schon mit organischen Solarzellen befasst. In einem Statusbericht vom 14.1.2002 teilte das HMI mit:
Wie unsere Untersuchungen gezeigt haben, ist der Einfluss von Luft auf die Degradation der Zelle dramatisch. Die ungeschützte Zelle verliert während der Messung der I-U-Kennlinie am Sonnensimulator innerhalb weniger Minuten einen Großteil ihrer Effizienz.
Es versteht sich von selbst, dass derart instabile Materialien, die schon bei Kontakt mit Luft innerhalb von Minuten zerfallen und damit ihre Leistungsfähigkeit verlieren, für den praktischen Einsatz ungeeignet sind.
Das Projekt Dyesol ist vergleichbar mit anderen Dünnschichtsolarprojekten. Es fällt auf, dass mit Superlativen und Angaben zu den angeblichen Vorteilen, die das favorisierte Konzepte angeblich bieten soll, nicht gespart wird. Auf der Homepage ist von einem "Durchbruch" in der Entwicklung die Rede. Angeblich ist ein neuer "Effizienzrekord" aufgestellt worden.
Besonders ausführlich werden die Aktionäre und Investoren des börsennotierten Unternehmens "informiert". Wer versucht, sich auf der Homepage und im Abschnitt "Investors" über die Firma zu informieren, wird jedoch kaum schlauer. Die Fülle an Informationen ist für ein menschliches Gehirn kaum zu verarbeiten. Untergemischt sind auch zahlreiche irrelevante Informationen.
Fast schon kurios ist die Aussage in einer Präsentation von 2012, dass die monatliche "cash burn rate" von $900k auf $700k gesenkt werden konnte.
Nur eine Seite weiter vergleicht sich das Start-up mit ausgewachsenen Industriebetrieben wie First Solar, Q-Cells und Yingli. Es werden tatsächlich die relativen Aktienkursverläufe gegenübergestellt. Ein derartiger Abgleich verbietet sich jedoch schon deshalb, weil Dyesol als Forschungslabor in keiner Weise mit weltweit operierenden Industriebetrieben vergleichbar ist. Der CEO Caldwell vergleicht hier nicht Äpfel mit Birnen, sondern Kirschen mit Melonen.
So paradox es auch klingen mag, der Einbruch der Aktienkurse von Solarmodulherstellern dokumentiert gerade den Erfolg der klassischen waferbasierten Photovoltaik. Dadurch ist es zu einem rasanten Kapazitätsaufbau gekommen, der eine harte Konsolidierung auslöste. Auch deshalb können die Aktienkurse von Modulherstellern natürlich nicht mit den Kursen von Laborfirmen verglichen werden.
Interessanterweise behauptet Dyesol, dass die eigene Technologie in einem aktuellen Ertragvergleich mit anderen Dünnschichttechnologien um bis zu 75 Prozent besser abgeschnitten hätte. Eine CIGS-Technologie belegte demnach in dieser "Studie" den letzten Platz (Seite 15).
Es wäre sicher interessant, die von Dyesol auf der Homepage angebotenen Informationen eingehend zu untersuchen. Entsprechend wurde der aktuelle 5861 Dateien umfassende Stand der Internetseite gesichert. Vorerst wird nachfolgend auf die Berichterstattung von photovoltaik über Dyesol eingegangen.
Aufschlussreich scheint in diesem Fall auch ein Blick auf den Kursverlauf der seit 2005 börsennotierten Firma zu sein.
Seit einem Hoch von über 2 AUD im Jahr 2007 ist die Aktie bis 2012 auf etwa 0,10 AUD abgesackt und hat damit etwa 95 Prozent ihres Wertes verloren. Der Verlauf ist bis dahin plausibel, denn mit dem Erfolg der waferbasierten Photovoltaik verloren Dünnschichttechnologien und andere Ansätze immer mehr an Boden. Auch wenn Dyesol im Labormaßstab gewisse Erfolge erzielt haben mag, so sind die Erfolgsaussichten stetig geschrumpft.
Daran können auch die irrelevanten und irreführenden Meldungen seit Mai 2013 nichts ändern. Erstaunlicherweise zeigt der Kursverlauf seit Mai 2013 dennoch steil nach oben und hat sich zeitweilig mit über 0,50 AUD verfünffacht. Der Entwicklung liegen jedoch keinerlei relevante Nachrichten zu Grunde. Offenbar ist die Firma zum Spielball kurzfristiger Spekulanten geworden, die mit der Aktie einen schnellen Gewinn zu erzielen versuchen.
Seit 2008 hat photovoltaik nur drei Mal über die organische Photovoltaik berichtet. Die Firma Dyesol wurde 2009 in einem Bericht einmalig erwähnt.
Gleichzeitig mit der Rückkehr von Heiko Schwarzburger auf den Sessel des Chefredakteurs wurde jedoch innerhalb von zwei Monaten gleich vier Mal über die Firma "informiert".
Nicht nur der Zeitpunkt, sondern auch die Intensität und die Inhalte der Berichterstattung sind auffällig.
Fast schon euphorisch berichtete photovoltaik auf seiner Homepage am 10.5.2013 unter der Überschrift Dyesol meldet neuen Effizienzrekord über einen angeblich wesentlichen Erfolg der Firma Dyesol.
Der Wirkungsgrad der "Festkörperfarbstoffzellen" sei im Labor auf 11,3 Prozent gesteigert worden. Dyesol behauptete, dass damit ein "technischer Durchbruch" gelungen sei. Weiter wurde behauptet, dass damit in einer industriellen Fertigung Effizienzen von mehr als zehn Prozent erreicht werden könnten. Diese Marke sei angeblich der "heilige Gral" bei Technologien für erneuerbare Energien. Weiter wird auf die zuletzt angeblich rasante Entwicklung Dyesols hingewiesen und der aktuelle Rekordwert als "Quantensprung" bezeichnet.
Die Meldung ist vollkommen unseriös. Der photovoltaik Redaktion war bekannt, dass die Übertragbarkeit von Laborergebnissen auf eine Serienfertigung grundsätzlich fragwürdig ist. Die photovoltaik Redaktion hatte 2009 selbst mitgeteilt, dass maximale Wirkungsgrade für eine industrielle Fertigung von Dünnschichtsolarmodulen keinerlei Bedeutung haben: Über die speziellen Nachteile und Probleme der organischen Photovoltaik hatte photovoltaik seit 2008 außerdem berichtet.
In der Industrie zählt dieser Maximalwirkungsgrad nichts. (photovoltaik 02 / 2009, Seite 51)
Für die industrielle Umsetzbarkeit sind vor allem der mittlere Wirkungsgrad, robuste Prozesse und die Herstellungskosten entscheidend. Der Wirkungsgrad von Dünnschichtsolarmodulen ist zudem flächenabhängig. Über die Flächen wird jedoch in der Meldung überhaupt nichts ausgesagt.
Mit nebenstehender Mail wurde der Chefredakteur Heiko Schwarzburger auf die unsachliche und unseriöse Berichterstattung über die Firma Dyesol hingewiesen.
Außerdem wurde ausdrücklich auf diese Internetseite aufmerksam gemacht. Schwarzburger wurde weiter informiert, dass auf dieser Seite auch über die Berichterstattung von photovoltaik über Dyesel informiert werden sollte.
Die nebenstehende Mail ist jedoch nicht beantwortet worden.
In einer weiteren Mitteilung vom 31.5.2013 (Farbstoffzellen bestehen Härtetest) wurde eingeräumt, dass organische Solarzellen anfällig gegen Umwelteinflüsse sind:
Denn bisher galten die meist auf flexiblen Folien gedruckten Zellen als anfällig gegen harte Umweltbedingungen.
Die Aussage bestätigt nicht nur die oben genannten Forschungsergebnisse des HMI. Angeblich sollte es nun jedoch gelungen sein, die Zellen ausreichend gegen Alterungserscheinungen zu schützen. Das hätte eine Simulation ergeben.
Wiederum wird jedoch nur über Laborergebnisse berichtet. Es ist fraglich, ob größere Flächen mit vertretbarem Aufwand ebenso gut verkapselt werden können. Gleichfalls ist der photovoltaik Redaktion bekannt, dass Simulationen zur Ermittlung der Dauerhaltbarkeit von Solarmodulen nur unzureichend Aufschluss über die tatsächliche Dauerhaltbarkeit unter realen Betriebsbedingungen geben.
In der Ausgabe 06/2013 berichtete photovoltaik nochmals über den schon am 10.5.2013 gemeldeten angeblichen Laborwirkungsgradrekord von 11,3 Prozent. Interessant ist ein Zusatz über die Dauerhaltbarkeit von organischen Solarzellen, der in der Meldung vom 10.5.2013 fehlt:
Neben den Farbstoffzellen werden auch Solarmaterialien aus Polymeren und ähnlichen Kunststoffen zu den organischen Zellen gezählt. Sie erreichen vergleichbare Wirkungsgrade. Bisher ungelöst ist die Frage, wie lange organische Zellen halten und wie sie eingekapselt sein müssen, um in Bauteilen und Komponenten der Bauwirtschaft umweltfreundlichen Solarstrom zu erzeugen.
Die Aussage steht im eklatanten Widerspruch zur Meldung vom 31.5.2013, was der photovoltaik Redaktion hätte auffallen müssen. Es ist erstaunlich, dass diese widersprüchlichen Informationen von einer Fachzeitschrift kommentarlos veröffentlicht worden sind.
Unter der Überschrift Effizienzrekord mit Farbstoffzellen berichtete photovoltaik auf seiner Homepage am 11.7.2013 erneut über die Firma Dyesol.
Innerhalb kürzester Zeit sei der "Weltrekordwirkungsgrad" von 11,3 auf 14,1 Prozent hochgeschraubt worden. Der Wert sei von "externen Stellen" bestätigt worden. Michael Graetzel, Lizenzgeber Dyesols und Professor an der EPFL, hält die Zellen damit für absolut wettbewerbsfähig. Der CEO Dyesols Caldwell spricht sogar von dem Beginn eines neuen Zeitalters effizienter und bezahlbarer erneuerbarer Energie.
Der Vortrag ist wiederum unseriös und unglaubwürdig. Wiederum ist darauf hinzuweisen, dass Wirkungsgradrekorde und Laborergebnisse nichts über die Wettbewerbsfähigkeit des Ansatzes aussagen können. Offenbar ist das Verfahren geändert worden, sonst wäre eine derartige Steigerung des Wirkungsgrades nicht möglich. Damit müssen natürlich auch alle anderen Qualitätsmerkmale und insbesondere die Dauerhaltbarkeit erneut untersucht und sichergestellt werden. Innerhalb der kurzen Zeit seit der letzten Rekordmeldung vom Mai 2013 kann dies jedoch sicher nicht geschehen sein.
Wenn über alle angeblichen Erfolge im Labor derart berichtet würde wie hier über die Firma Dyesol, dann wären die Fachmagazine regelmäßig so stark wie Telefonbücher. Tatsächlich sind die mitgeteilten Informationen widersprüchlich, irrelevant und irreführend, was der photovoltaik Redaktion bekannt war. Außerdem wurde der Chefredakteur direkt nach der ersten Meldung vom 10.5.2013 entsprechend informiert. Die Nachricht wurde jedoch ebenso ignoriert und nicht beantwortet wie zahlreiche andere Hinweise an die Redaktion seit 2011
Derzeit ist die organische Photovoltaik als reines Forschungsfeld ohne praktische Relevanz einzustufen. Entsprechend berichtete photovoltaik in den letzten Jahren nur sehr sporadisch über dieses Segment.
Entsprechend hatte auch das Forschungsprojekt Dyesol von Beginn an praktisch keinerlei Erfolgsaussichten. Durch den Erfolg anderer Ansätze in den letzten Jahren, insbesondere der waferbasierten Photovoltaik, ist längst erkennbar, dass Dyesol gescheitert ist. Somit ist offensichtlich, dass die intensive Berichterstattung ab Mai 2013 in diesem Fall einzig dazu dienen sollte, die Allgemeinheit zu desinformieren. Offenbar war ein konkretes Ziel, den Aktienkurs zu manipulieren, um Insidern eine Gelegenheit zu bieten, Bestände abzustoßen oder schnelle Gewinne mit kurzfristigen Spekulationen zu erzielen. (12.8.2013)
Nach wie vor liegt weder in dieser Sache noch überhaupt eine Antwort der photovoltaik-Redaktion oder des Gentner Verlags vor. Die Redaktion und die Verlagsleitung stellen sich offenbar taub.
Über die Firma Dyesol hat photovoltaik seit Juli 2013 wahrscheinlich nicht weiter berichtet. Jedenfalls liegen keine weiteren Berichte vor.
Die vorhergesagte Entwicklung hat sich bestätigt. Offenbar verbrennt Dyesol das vorhandene Kapital bis weitere Mittel nachgeschossen werden oder die Firma Insolvenz anmelden muss. Ende Januar 2014 ist der Aktienkurs unter die Marke von 0,30 AUD (Australische Dollar) gefallen. Ernsthaften Investoren oder Aktienanlegern ist von einem Einstieg dringend abzuraten. (19.2.2014)
5.8.2013 / Letzte Änderung: 19.2.2014