Die Solibro GmbH ist ein Dünnschichtmodulhersteller mit Sitz in Bitterfeld-Wolfen. Ursprünglich sollte das Unternehmen einen Ansatz der Uppsala-University in Schweden weiter entwickeln und kommerziell verwerten. Inzwischen gehört Solibro zum chinesischen Hanergy-Konzern.
Solibro bezeichnet sich selbst als "erfolgreich" obwohl die Firma bisher nur Verluste angehäuft hat. Die Grundsteinlegung der ersten Fabrik war im August 2007. Erste Module wurden im April 2008 hergestellt. Die Vermarktung und Auslieferung an Kunden begann im August 2008. Allein der zeitliche Ablauf zeigt, dass die Verantwortlichen überstürtzt gehandelt haben. In derart kurzer Zeit kann eine Dünnschichtmodulfertigung nicht aufgebaut und eine ausreichende Qualität sichergestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass völlig unausgereifte Module verkauft worden sind.
Nach derzeitigem Recherchestand ist davon auszugehen, dass alle Module Solibros von übermäßigem Leistungsverlust (Degradation) betroffen sind. Hinzu kommen offenbar viele Probleme durch Glasbruch.
Ohnehin kam man bei Solibro mit dem Markteintritt zu spät. 2008 war bekannt, dass der Branche bedingt durch zunehmende Überkapazitäten schwere Zeiten bevor standen.
Ab November 2011 wurden Q-Cells und Solibro auf die seit 2009 laufenden Recherchen zur Dünnschichtphotovoltaik und diverse Unregelmäßigkeiten hingewiesen. Der Schriftwechsel ist dokumentiert.
In letzter Zeit scheinen sich Berichte über Qualitätsprobleme mit den CIS-Modulen Solibros im Internet zu häufen. Verärgerte Anlagenbetreiber berichten von Glasbrüchen und Leistungsverlusten. Dabei scheint es sich um typische Probleme zu handeln, die auch bei anderen CIS-Modulen schon häufig vorgekommen sind.
Für die Anlagenbetreiber sind solche Probleme mehr als ärgerlich, da schon geringe Leistungsverluste dazu führen können, dass die Wirtschaftlichkeit der Investition nicht mehr erreicht werden kann. Für Investoren, die mit ihrem Engagement auch im Interesse der Umwelt und der Allgemeinheit gehandelt haben, kann dies sogar existenzbedrohliche Folgen haben.
Umso erstaunlicher ist, dass Solibro auf die Reklamationen nun schon seit Herbst 2012 grundsätzlich nicht zu reagieren scheint und sich offenbar seinen Verpflichtungen zu entziehen versucht. Garantieansprüche für Module, die unter der Marke Q-Cells hergestellt und verkauft worden sind, lehnt Solibro wahrscheinlich strikt ab. Offenbar ist Betroffenen der Hinweis gegeben worden, sich an den Insolvenzverwalter von Q-Cells zu wenden, was geradezu zynisch ist. Bekanntlich können Gläubiger im Fall Q-Cells nur mit einer geringen Erstattungsquote rechnen, sofern die Ansprüche vom Insolvenzverwalter überhaupt anerkannt werden.
Zunächst initiierte die Universität Uppsala die Gründung der Solibro AB, um die kommerzielle Umsetzung eines Verfahrens zur Produktion von CIS-Solarmodulen voran zu treiben. Projektleiterin war die Wissenschaftlerin Marika Edoff. Die hohen Anforderungen für die erfolgreiche Umsetzung eines derartigen Projekts waren bekannt. In dem Bericht Solar business from research to enterprise nannte Edoff diese vier Kriterien:
Edoff zählte außerdem eine Reihe von Schwierigkeiten auf, die auf dem Weg zu einer erfolgreichen Serienproduktion zu bewältigen waren. Völlig zutreffend nannte Edoff diese notwendigen Voraussetzungen:
Inzwischen muss festgestellt werden, dass Solibro keines der genannten Ziele erreichen konnte. Edoff legt selbst eine Häufigkeitsverteilung der Modulleistungen vor (S. 18). Derartige Prozessstatistiken zählen üblicherweise zu den streng vertraulichen Unterlagen von Industrieunternehmen. In dem Fall zeigt die Verteilung, dass die Streuung zu breit und offenbar mit einem großen Anteil nicht verkaufsfähiger Module zu rechnen ist.
Dennoch warb Solibro mit einem sogenannten Weltrekord, der vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) bestätigt worden ist. Derartige Rekordwerte sind aus wirtschaftlicher Sicht jedoch irrelevant und stehen in keinerlei Zusammenhang mit oben genannten Erfolgskriterien.
Offenbar waren die Schwierigkeiten absehbar. Edoff behauptete, dass Investoren angeblich gute erste Ergebnisse kannten. Die Investoren verfügten über Kapital und Industrieerfahrung und waren laut Edoff trotzdem nicht interessiert (S. 20). Die Logik ist selbstverständlich nicht schlüssig. Offenbar waren erste Investoren nicht interessiert, weil sie über Industrieerfahrung verfügten und weil die ersten Ergebnisse nicht als gut zu bewerten waren. Wie sich inzwischen klar bestätigt hat, haben diese Interessenten die Sachverhalte richtig eingeschätzt.
Der Universität Uppsala war bekannt, dass die Sicherstellung der Dauerhaltbarkeit ein wesentliches ungelöstes Problem war. In einem Forschungsbericht erklärte die Projektleiterin Edoff:
Also CIGS modules which have been encapsulated can be sensitive to humidity, especially if the encapsulant has certain solubility for water as is the case for EVA (ethyl-vinyl-acetate). EVA is the established encapsulant technology for crystalline silicon solar cell modules.
The weak point for humidity in-diffusion is at the edges.
In Fachkreisen war allgemein bekannt, dass der Kunststoff EVA keinen ausreichenden Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit, durch die CIS-Zellen zerstört werden, bietet. Entsprechend hatte man an der Universität Uppsala auch mit anderen Materialien experimentiert. Diese Versuche waren jedoch erfolglos, wie Edoff berichtete:
PVB lamination was not successful, which may be related to unrefined lamination process.
Im November 2006 hatte Q-Cells die Solibro AB übernommen und die Solibro GmbH in Thalheim gegründet. Auch bei Q-Cells war bekannt, dass die Sicherstellung der Dauerhaltbarkeit von Dünnschichtmodulen ein entscheidender Faktor war. Im September 2006 verwiesen die Q-Cells Verantwortlichen Hartley, Malmström und Milner ausdrücklich auf diese drei "Unsicherheitsfaktoren": Produktivität, Effizienz, Dauerhaltbarkeit.
Es ist festzustellen, dass mehrere hier relevante Unterlagen inzwischen im Internet entfernt wurden bzw. nicht mehr abrufbar sind. Dazu zählen Unterlagen von Q-Cells, Solibro und der Universität Uppsala.
Die Universität Uppsala hat im März 2013 ein wichtiges Dokument über das Projekt Solibro von ihrer Internetseite entfernt.
Im Rahmen von Workshops des Kompetenzzentrums Dünnschicht- und Nanotechnologie für Photovoltaik (PVcomB) haben sich Vertreter Solibros mehrfach mit direkten Konkurrenten ausgetauscht. Durch einen Fehler des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB) ist bekannt geworden, dass in dem Fall auch Firmengeheimnisse Solibros weitergegeben wurden. Weitere Einzelheiten dazu sind hier dokumentiert.
Jeglicher Kontakt Solibros mit dem HZB verbot sich ohnehin, da das HZB exklusiver Forschungspartner der Firma Soltecture (ehemals Sulfurcell) war. Es ist unverständlich, warum Solibro angesichts dieser Umstände den Kontakt mit dem HZB sogar aktiv gesucht hat, zumal die Firma mit der Universität Uppsala über einen eigenen exklusiven Forschungspartner verfügte.
Die Zusammenarbeit Solibros mit dem HZB ist auch durch einen Eintrag in einer Aufstellung drittmittelfinanzierter Projekte vom 30.6.2012 des HZB dokumentiert. Demnach war das HZB im Rahmen des Projekts "Pufferschichten" im Zeitraum 1.1.2010 bis 31.12.2012 für Solibro tätig. Projektleiter war der HZB-Wissenschaftler Ennaoui.
Weiter hat die Fachjournalistin Ines Rutschmann ermittelt, dass der Wissenschaftler John Kessler, der ursprünglich im Team Edoffs am Projekt Solibro mitgewirkt hatte, sein Wissen wahrscheinlich an den Konkurrenten Sulfurcell verkauft hat. Am 28.4.2011 berichtete Rutschmann in einer schriftlichen Mitteilung:
John Kessler stammt von der Universität in Uppsala und ist maßgeblich für den Aufbau der 35-Megawatt-Linie von Solibro verantwortlich. Offenbar verkauft er sein Wissen nun an
Sulfurcell [...] (Ines Rutschmann, 28.4.2011)
Anfang Juni 2013 berichtete der User Marco3005 im Photovoltaikforum, der schon längere Zeit versucht hatte Ansprüche geltend zu machen, dass er nun Ersatz für seine defekten Module erhalten habe.
Wahrscheinlich hat die Berichterstattung auf dieser Seite dazu beigetragen, dass Solibro nun zumindest in diesem Fall endlich seinen Verpflichtungen nachgekommen ist. (7.6.2013)
Kurz darauf berichtete auch Weidemann im Photovoltaikforum, dass er entschädigt worden ist:
Bei mir sind nun auch die Austauschmodule auf dem Dach. (Photovoltaikforum, 23.6.2013)
Weidemann war im Vorfeld über die Dünnschichtphotovoltaik und die häufigen Qualitätsprobleme informiert worden. Als Moderator hat Weidemann im Forum auch besonders gute Möglichkeiten, Produktmängel anzuprangern. Wahrscheinlich hat auch dies Solibro veranlasst, nach langem Zögern endlich in diesem Reklamationsfall tätig zu werden. (2.1.2014)
Mit einem Artikel vom 17.9.2013 bestätigt die Mitteldeutsche Zeitung was längst absehbar war. Die Solibro GmbH ist nicht leistungsfähig, die Produktion ist anscheinend schon seit einiger Zeit nur minimal ausgelastet:
Laut einem Insider beträgt die Auslastung der Anlagen seit einigen Monaten aber nur zehn Prozent. (Mitteldeutsche Zeitung: Neustart misslungen?,
17.9.2013)
Eigentlich müsste die Produktion nach der Branchenkonsolidierung von 2009 bis 2012 brummen. Der Bericht und die geringe Produktionsauslastung können vor dem Hintergrund nur so gedeutet werden, dass die Module unverkäuflich sind. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt nicht. Hinzu kommen sehr wahrscheinlich auch wie oben beschrieben Qualitätsprobleme.
Damit fügt sich die aktuelle Entwicklung nahtlos in das schon lange erkennbare Gesamtbild. Bisher hat noch kein CIS-Dünnschichtmodulhersteller Gewinne erwirtschaften können. Die Nachteile des Ansatzes sind gravierend und werden immer deutlicher sichtbar, das Segment existiert praktisch nicht mehr. Die von der Mitteldeutschen Zeitung gestellte Frage "Neustart misslungen?" muss deshalb leider bejaht werden - sofern der Verkauf von Solibro an Hanergy 2012 überhaupt als neue Chance für die Firma gedeutet werden kann. (18.9.2013)
Die mangelhafte Qualität der Solibro Module scheint in Fachkreisen und unter Betroffenen allgemein bekannt zu sein. Im Photovoltaikforum äußerte sich ein offenbar selbst geschädigter Anlagenbetreiber am 11.12.2013 unmissverständlich. Die Ausführungen sollten hier zitiert werden:
[...] Aber man sollte sich schon die Frage stellen, wieso Solibro keine Verantwortung für die Solarmodule übernehmen will, die sie vor 2012 selbst produziert haben.
Offenbar hat die Bereitschaft Solibros, sich mit Reklamationen konstruktiv auseinanderzusetzen, wieder abgenommen. So berichtet aktuell der Anlagenbetreiber jac im Photovoltaikforum:
Ich habe mehrere Versuche unternommen mit Solibro einen Konsens zu finden, um das Problem für beide Seiten schonend zu erledigen. Ich habe denen sämtliche Unterlagen, Photos und sogar ein Gutachten eines neutralen Sachverständigen gegeben. Aber die haben nichtmal den Anstand, auf meine Schreiben und die eines Anwalts angemessen zu reagieren. (Photovoltaikforum, 30.12.2013)
Der Betroffeneberichtet außerdem schon seit über einem Jahr hier über sein spezielles Problem. Der aktuelle Beitrag wird jedoch im Forum kaum beachtet und bisher nicht einmal von der Moderation kommentiert, obwohl der ebenfalls geschädigte Moderator Weidemann wie oben berichtet im Juni 2013 neue Module erhalten hatte.
Das Fazit von jac ist ebenso ernüchternd wie aufschlussreich:
Mein Gott was war ich stolz darauf Module "Made in Germany" auf dem Dach zu haben und keine billigen China-Platten. (Photovoltaikforum, 30.12.2013)
Hier bestätigt sich, was auch in anderen Beiträgen anklingt. Die deutsche Solarindustrie hat systematisch mit dem Siegel "Made in Germany" geworden und "Premiumpreise" verlangt, ohne jedoch die entsprechende Qualität zu liefern. (2.1.2014)
28.5.2013 / Letzte Änderung: 2.1.2014