Die Soltecture GmbH ist 2001 als Sulfurcell GmbH vom Hahn-Meitner-Instituts Berlin (HMI) ausgegründet worden. Später fusionierte das HMI mit dem Forschungszentrum BESSY zum Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB). Die Umbenennung Sulfurcells in Soltecture erfolgte 2011.
Urspünglich sollte ein Ansatz des HMI zu einer wirtschaftlich nutzbaren CIS-Technologie weiter entwickelt werden. Dazu wurde ab 2003 eine Pilotfertigung errichtet. 2006 sollte eine Serienfertigung gebaut werden und ab 2008 die Gewinnzone erreicht sein.
Die Firmenleitung behauptete ab 2005, wie geplant erfolgreich eine schwefelbasierte CIS-Technologie entwickelt zu haben. Der Plan zur Errichtung einer Serienfertigung wurde trotzdem verworfen. Letztlich gelang es Sulfurcell 2008 dennoch das Kapital für eine Serienfertigung zu beschaffen, die 2009 errichtet wurde und 2010 verspätet in Betrieb ging. Die Fabrik wurde jedoch höchsten ansatzweise in Betrieb genommen, die Produktionsleistung blieb gering.
Die 2011 in Soltecture umbenannte Firma musste im Mai 2012 nach erfolgloser Suche eines größeren Investors Insolvenz anmelden.
Die Soltecture GmbH war ein Schwerpunkt der Untersuchung. An dieser Stelle wird nur auf einige wesentliche Sachverhalte eingegangen.
Zunächst wurde die Geschäftsführung mit Nikolaus Meyer, Ilka Luck und Ulfert Rühle besetzt. Das Trio präsentierte sich 2004 wie nebenstehend abgebildet auf der Sulfurcell Homepage.
Die zuletzt verantwortlichen Geschäftsführer hießen Nikolaus Meyer, Rüdiger Stroh und Henrik Krüpper.
Meyer und Luck zählten als Physiker und industrieunerfahrene Berufsanfänger zu den Absolventen des HMI und hatten bei Martha Lux-Steiner promoviert. Es ist völlig unverständlich, warum die Geschäftsführung der Ausgründung mit derart unerfahrenem Personal besetzt worden ist.
Schon 2006 hat Luck die Firma wieder verlassen und ist zum direkten Konkurrenten Global Solar Energy gewechselt. Mit der Physikerin, die für die Technologieentwicklung verantwortlich war, verlor die Firma ihre wichtigste Mitarbeiterin. Der Wechsel wurde bis heute nicht erläutert und ist umso dubioser, da gleichzeitig mit M+W Zander auch ein wichtiger Gesellschafter erklärt hatte, seine Anteile abgeben zu wollen. 2008 ist M+W Zander schließlich endgültig aus dem Gesellschafterkreis ausgeschieden.
Es konnte nicht ermittelt werden, warum die Firma gegründet worden ist. Der favorisierte Ansatz war unterlegen und in der Fachwelt als untauglich bekannt. Die Firmenleitung war industrieunerfahren, mehrere Geschäftsführer und Fürhungskräfte waren Berufsanfänger.
Entsprechend hatte die Firma schon mit der ersten kleineren Finanzierung einer Pilotfertigung in Berlin Adlershof große Schwierigkeiten. In dreijähriger Suche zeigten sich 100 kontaktierte Investoren nicht interessiert. Schließlich wurden die Finanzierungslücken von der öffentlichen Hand geschlossen. Die Firmenleitung bestätigte mehrmals, dass die Gründung ohne öffentliche Hilfe nicht gelungen wäre.
Die Zeit von 2006 bis 2008 war eine weitere Durststrecke. Offenbar zeigten sich die Investoren trotz des damaligen Photovoltaikbooms sehr zurückhaltend. Die Firma wurde massiv von der Investitionsbank Berlin (IBB) unterstützt und finanzierte sich in dieser Zeit wesentlich über EU-Mittel.
2008 konnten Mittel für eine 35-MW Serienfertigung beschafft werden, obwohl eigentlich die Errichtung einer 75-MW Fabrik verlautbart worden war. Schon im Januar 2010 hatte die Firma einen erneuten Kapitalbedarf von bis zu 50 Mio. Euro, der nicht gedeckt werden konnte.
Ab Januar 2011 bot sich die Firma zum Kauf an. Ein Investor konnte jedoch nicht gefunden werden.
Eine vorläufige Aufstellung von 47 öffentlich verlautbarten Unternehmenszielen wurde mit den tatsächlich erreichten Leistungen abgeglichen. Kein einziges Ziel wurde wie geplant erreicht. Bei quantifizierbaren Zielen lag der Grad der Zielerreichung teilweise unter 10 Prozent.
Die Produktionsmengen waren gering und in den Jahren 2009 und 2011 sogar rückläufig. Eine Fachzeitschrift nannte die Produktionsmengen "homöopathisch".
Aufschlussreich ist insbesondere die Geschäftsentwicklung nach Errichtung der Serienfertigung in den Jahren 2010 und 2011.
Die absehbare und enttäuschende Entwicklung blieb Branchenexperten nicht verborgen. In den meisten Ranglisten zur Dünnschichtphotovoltaik tauche die unbedeutende Firma gar nicht auf.
Bis 2007 hatte die Bank Sarasin Sulfurcell mehrfach als aussichtsreiche Firma vorgestellt. Ab 2008 wurde die Firma in den jährlichen Studien überhaupt nicht mehr erwähnt. In einer Aufstellung 15 "attraktiver Unternehmen der Dünnschicht-Photovoltaik" der Bank Sarasin in der Solarstudie 2008 fehlte Sulfurcell ebenso wie in anderen Aufstellungen.
In einer Studie von Lux Research wurden der technologische Ansatz und die Aussichten der Firma als schlecht beurteilt.
Die katastrophale Entwicklung war absehbar und unvermeidlich. In einem Umfeld schärfster Konkurrenz wurde versucht einen unterlegenen technologischen Ansatz mit unerfahrenem Personal zum Erfolg zu führen. Das konnte nicht funktionieren. Es bleibt allein die Frage, warum der Versuch überhaupt unternommen wurde.
Sulfurcell hatte sich ausgerechnet auf einen Ansatz konzentriert, der alle denkbaren Nachteile in sich vereint. Eine Typologie, die Vor- und Nachteile unterschiedlicher technologischer Ansätze in Beziehung setzt, zeigt dies deutlich.
Insgesamt hat Soltecture angeblich sogar an fünf Herstellungstechnologien gearbeitet. Das scheint geradezu aberwitzig, ist schon die Entwicklung einer Technologie enorm aufwändig und erfordert einen zeitlichen Aufwand von mehreren Jahren. Bis 2012 hat das Bundesumweltministerium im Rahmen des Projekts HT-CIGS sogar noch Fördermittel für eine zweite Technologie der ungünstigsten Kategorie 2.2.2.2 bereitgestellt.
Wie in vielen anderen Fällen, so wurden auch hier geschädigte Kunden, die Garantieansprüche durchsetzen wollten, zunächst hingehalten. Das ARD-Magazin "Plusminus" berichtete entsprechend im September 2009 in der Sendung Die "Abzocke" der Photovoltaik-Kunden.
Kurz vor der Insolvenz hat Soltecture jedoch alle bis dahin ermittelten Geschädigten entschädigt. Für die Betroffenen war dies ein großes Glück, denn nach der Insolvenz hätten wohl kaum noch Möglichkeiten bestanden, Ansprüche geltend zu machen. Andererseits ist unverständlich, dass die Qualitätsprobleme und die Entschädigung von Kunden bis heute nicht bekannt gemacht wurden. Bisher wurde der Geschäftsbericht für 2011 auch noch nicht veröffentlicht.
Inzwischen ist belegt, dass kurz vor der Insolvenz nicht alle Geschädigten entschädigt worden sind. Offenbar sind auf Druck der Fachzeitschrift PHOTON nur die Betroffenen entschädigt worden, die von Photon bis Ende 2011 ermittelt worden sind. Offenbar war Photon nicht daran interessiert, weitere Geschädigte zumindest durch eine Veröffentlichung zu informieren. Es versteht sich, dass dieser Sachverhalt strafrechtlich relevant und für das Insolvenzverfahren von Bedeutung ist. Immerhin geht es um die offensichtlich bevorzugte Behandlung bestimmter Geschäftspartner kurz vor der Insolvenz.
Es wurde eine Aufstellung geschädigter Anlagenbetreiber und Vertriebspartner erstellt. Weitere Betroffene werden gebeten sich zu melden, damit die Aufstellung vervollständigt werden kann. Die Mitteilung von Einzelheiten wie Alter und Größe der Anlage, sowie Art der Probleme wäre hilfreich.
Insbesondere besteht auch Interesse daran, Informationen über Anlagen Soltectures zu erhalten, die einwandfrei funktionieren. Bisher konnte jedoch keine Anlage ermittelt werden, die problemlos funktioniert.
Schon im Januar 2011 wurden wichtige Unterlagen von der Homepage Soltectures entfernt. Am 9.9.2013 wurde die Homepage (www.soltecture.de bzw. www.soltecture.com) vollständig aus dem Internet genommen. Damit arbeiten die Verantwortlichen weiter daran, das Verständnis der Firmenentwicklung und der tatsächlichen Sachverhalte zu erschweren. Insbesondere enthielt die Homepage einige Pressemitteilungen, die auf Widersprüche hindeuten und Aufschluss über dubiose Machenschaften der Firmenleitung geben.
Die Homepage wurde jedoch mit einem Kopierprogramm rechtzeitig vollständig gesichert und liegt als Beweismittel vor. (13.9.2013)
Die Homepage Soltectures war 18 Tage lang nicht aufrufbar und ist am 27.9.2013 wieder frei geschaltet worden. Es wird kein Grund für die zeitweilige Abschaltung mitgeteilt. Möglicherweise haben der Insolvenzverwalter Hartwig Albers und die weiteren Verantwortlichen eingesehen, dass es sinnlos ist die wahren Sachverhalte durch weitere Manipulationen im Internet verschleiern zu wollen, da die relevanten Seiten registriert wurden und die Informationen archiviert worden sind.
Ein erster Abgleich hat ergeben, dass die Homepage weitgehend unverändert ist. Es fehlen jedoch einige Informationen im Vergleich zu einer Version vom Juli 2013. Diese Manipulation sind möglicherweise schon vor dem 9.9.2013 vorgenommen worden.
Wie nebenstehender Stand der Homepage vom Juli 2013 zeigt, sind die Seite "Unternehmen" verändert und die untergeordneten Seiten "Management", "Partner" und "Aufsichtsrat" entfernt worden. Offenbar sollten damit gezielt Informationen über das Management, die Geschäftspartner, die Investoren und den Aufsichtsrat dem allgemeinen Zugriff entzogen werden. (27.9.2013)
14.5.2013 / Letzte Änderung: 6.1.2014