Landgericht Berlin

Aus aktuellem Anlass soll hier zusammenfassend geschildert werden, wie sich die Berliner Justiz die Rechtsstaatlichkeit vorzustellen scheint:

 

Am 25.6.2014 verhandelte die 65. Kammer des Landgerichts Berlin unter dem Vorsitz der Richterin Siegmund eine Mietstreitigkeit. Der Mieter hatte eine weit überhöhte Miete bean­standet. Die Vermieterin, ein Immobilienfonds, sah das wenig überraschend anders.

 

Der Verfahrensverlauf darf allerdings ungewöhnlich genannt werden. Der Mieteranwalt hatte die Sache zwar als aussichtsreich bezeichnet. Gleichwohl blieb dieser in der Verhandlung völlig stumm. Ein Anwalt, der in der Verhandlung einer Berufung, die er als aussichtsreich bezeichnet hatte, überhaupt nichts sagt? Das gibt es in Berlin tatsächlich.

 

Umso engagierter versuchte der Vermietervertreter den Mieter zu diskreditieren. Schon im Januar war der Anwalt auch persönlich gegen den Mieter vorgegangen und hatte beim Amtsgericht eine einst­weilige Verfügung erwirkt. Umgehend war diese Verfügung Richterin Siegmund vorgelegt worden, leicht erkennbar nur mit dem Ziel, die Richterin gegen den Mieter zu verein­nahmen.

 

Doch schon im März hatte der Mieter das Amtsgericht in einem Widerspruch aufgeklärt, dass die ohnehin sachlich haltlose Verfügung unter Vortäuschung falscher Tatsachen erwirkt worden war. Der persönliche Angriff des Vermietervertreters stützte sich nämlich wesentlich auf ein Urteil des OLG Köln, das nie rechtskräftig war. 2013 war dieses Urteil vom Bundes­ver­fassungs­gericht kassiert worden, was der Vermietervertreter dem Amtsgericht jedoch vorent­halten hatte.

 

Entsprechend verzichtete der Anwalt gleichfalls großzügig darauf, die Landgerichtskammer um Richterin Siegmund auf seinen Fehler und den aktuellen Stand der Verfügungssache hinzu­weisen.

 

Der mangelhafte Antrag beim Amtsgericht hätte möglicherweise noch als peinliches Eigentor deklariert werden können. Ein Anwalt, der fehlerhaft eine Verfügung erwirkt und diese einem anderen Gericht vorlegt, ohne über den weiteren Verlauf der Sache und sein zwischenzeitlich nachgewiesenes Versäumnis zu berichten, handelt dagegen zweifellos vorsätzlich.

 

Auch deshalb hatte der Mieter Strafanzeige gegen den Vermietervertreter erstattet und Richterin Siegmund informiert. In der Verhandlung am 25.6.2014 erklärte die Richterin dazu jedoch sinngemäß, dass sie sich grundsätzlich nicht mit eventuell strafbaren Handlungen von Verfahrensbevollmächtigten befassen könne. Die Richterin meinte mit ernster Miene, dass auf diese Weise schließlich auch missbräuchlich Verhandlungen gestört werden könnten. Dieser „Gefahr“ sei ihrer Meinung nach wohl am besten dadurch zu begegnen, dass handfeste Beweise und aktenkundige Strafanzeigen selbst dann zu ignorieren wären, wenn sie unmittelbar die von ihr geleiteten Verfahren betreffen.

 

Wenn Hinweise auf derartige mögliche Straftaten tatsächlich ernst genommen würden, so Richterin Siegmund weiter, könnte damit sogar die Arbeit der Justiz insgesamt lahmgelegt werden. Offenbar ist die Richterin nicht nur um die Verfahren ihrer Kammer besorgt. Sie scheint außerdem allgemein eine rechtsfreie Schutzzone für Prozessbevollmächtigte in rechts­staatlichen Verfahren zu befürworten, um die Produktivität der Justiz zu steigern. Dass damit die Rechtsstaatlichkeit gleich mit über Bord geworfen würde, scheint der Richterin noch nicht aufgefallen zu sein.

 

Dass in Gerichtsverfahren bisweilen zum Beispiel auch Anträge missbräuchlich gestellt werden, blieb gleichfalls unerwähnt. Damit soll der 65. Landgerichtskammer jedoch ausdrücklich nicht unterstellt werden, legitime Anträge zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung zu ignorieren.

 

Die Verhandlung am 25.6.2014 konnte jedenfalls tatsächlich zügig abgeschlossen werden. Wie erwähnt „störte“ auch der Anwalt des Mieters den Verlauf mit keinerlei Wortbeiträgen. Und Richterin Siegmund genügten wenige Sätze, um dem Winkeladvokaten der Immobilienfirma sachlich vollständig zuzustimmen.

 

Dass diese Sätze auch für die Zeugen im Saal unverständlich waren und ohne erkennbaren Bezug zum streitgegenständlichen Fördervertrag der Investitionsbank Berlin (IBB) verhallten, sei hier nur am Rande erwähnt. Weiteres dazu und über diesen Fall wird hier berichtet.

 

Informationen zu den Verfahrensbeteiligten

 

Die vorsitzende Richterin Astrid Siegmund wurde am 26.6.2013 vom Deutschen Bundestag gehört. Über diese Anhörung berichtet der Bundestag hier. Wie der Rechtsausschuss auf die erstaunliche Idee verfallen ist, eine einzelne aktive Richterin als Sachverständige zu hofieren und wie diese ausgewählt wurde, ist unbekannt.

 

Es bleibt abzuwarten, ob die Richterin möglicherweise in einer weiteren Anhörung den Volks­vertretern auch ihre Vorstellungen zur Produktivitätssteigerung der Justiz erläutern wird, damit diese vielleicht sogar irgendwann gesetzlich verankert werden.

 

Der Mietervertreter war RA Marco Hopp, Kanzlei Hemfort & Hopp, Berlin Friedrichshain.

 

Vertreter der Immobilienfirma in dieser Sache ist derzeit noch RA Stefan Langhammer, Mitarbeiter der Kanzlei Heimann & Schröer, Berlin Wilmersdorf.

 

Kontakt

 

Möglicherweise sind in anderen Verfahren ähnlich erstaunliche Erfahrungen mit den hier beteiligten Gerichten und Juristen gemacht worden. Es besteht Interesse an derartigen Erfahrungs­berichten, die auf Wunsch natürlich vertraulich behandelt werden. Entsprechende Hinweise können hier mitgeteilt werden.

28.6.2014 / Letzte Änderung: 30.6.2014

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