Die Mitgliedschaft im 2008 gegründeten Freischreiber e.V. steht grundsätzlich nur hauptberuflich freien Journalisten offen. Derzeit gehören Freischreiber etwa 700 Journalisten als Mitglieder an.
Ende April 2017 hat sich der Mitbegründer des Vereins und Vorstandssprecher Benno Stieber aus dem Vorstand zurückgezogen. Seine Nachfolgerin ist seit dem 1.5.2017 Dr. Carola Dorner.
Freischreiber versteht sich in seiner Selbstvorstellung mit dem Titel "Wir" als "Berufsverband von unternehmerisch denkenden Journalisten". Das "Netzwerk zur Selbsthilfe" setzt sich "für die Belange freier Journalisten und die Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit ein".
Als Beleg für die hohen professionellen Standards, die die Auftraggeber angeblich von den Mitgliedern erwarten können, verweist Freischreiber auf seinen Internetseiten mehrfach auf eine "Selbstverpflichtung", die von allen Mitgliedern zu akzeptieren ist. Die Formel lautet:
Zitat: "Ich verpflichte mich zur Wahrung der journalistischen Unabhängigkeit. Ich lege Abhängigkeiten und Interessenverflechtungen offen. Ich lanciere keine als Journalismus getarnten PR-Beiträge. Ich lasse mich nicht von zwei Seiten bezahlen. Solche Praktiken sind mit meinem Verständnis von Journalismus unvereinbar." (Freischreiber Selbstverpflichtung aller Mitglieder)
Laut Satzung verfolgt Freischreiber auch das Ziel Qualitätsstandards zu entwickeln:
Zitat: Im Besonderen hat sich Freischreiber folgende Aufgaben und Ziele gesetzt: [...] e. Qualitätsstandards für die journalistische Arbeit zu entwickeln, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen auszuhandeln und in die öffentliche Diskussion zu bringen, [...] (Freischreiber Satzung § 2.e, Auszug)
Diese Aussagen scheinen jedoch nur hohle Worte zu sein. Auf der Freischreiber Homepage ist kein Hinweis darauf zu entdecken, dass der Verein tatsächlich ernsthaft damit befasst ist, konkrete Qualitätsstandards für die journalistische Arbeit zu entwickeln und diese öffentlich zu diskutieren.
Es kann sicher davon ausgegangen werden, dass Freischreiber auch Journalisten angehören, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind und ihr Verhalten an professionellen Standards ausrichten. Jedoch gilt dies, wie nachfolgend noch auszuführen sein wird, nicht für alle Mitglieder.
Wenn der Verein die öffentlich verlautbarten Ziele und sein Selbstverständnis ernst nehmen würde, dann müsste der Vorstand auch Kritik gegenüber aufgeschlossen sein. Gerade professionelle Journalisten, zu deren Aufgaben es gehört Missstände zu recherchieren und anzuprangern, müssten sich auch selbst sachlicher Kritik stellen. Doch erstaunlicherweise gilt dies nicht für den Freischreiber Vorstand.
So reagierte der frühere Vorstandsvorsitzende Benno Stieber schon zwei Tage nach der Kontaktaufnahme und nur fünf Minuten nach Übersendung aussagekräftiger Unterlagen geradezu panisch und unverständlich mit dieser Drohung:
Zitat: [...], ich hatte ihnen gestern schon geschrieben, dass wir uns mit dem Fall nicht näher befassen. Falls Sie uns trotzdem weitere Informationen an diese Adresse schicken, muss ich Sie leider in den Spam-Ordner umleiten, bzw. ihre Adresse in unserem Mail-Account sperren. (Benno Stieber, Antwort Mail vom 27.4.2017 10:09 nach Übersendung aussagekräftiger Unterlagen um 10:04)
In den zugestellten Unterlagen wurde unter anderem das professionelle Verhalten der Freischreiber Jan Oliver Löfken und Dierk Jensen untersucht und kritisiert. Stieber erwähnte auch nicht die kurz darauf anstehende Vorstandswahl, obwohl er sicher schon wusste, dass er dem neuen Vorstand nicht mehr angehören würde.
Am 10.5.2017 wurde erstmals Carola Dorner in ihrer Eigenschaft als Nachfolgerin Stiebers im Freischreiber Vorstand angeschrieben. Doch auch in diesem Fall war die Reaktion verblüffend. Wie Stieber zeigte auch Dorner keinerlei Interesse an den vorgelegten Informationen und Belegen.
Schließlich beauftragte Dorner den Anwalt Stephan Zimprich, Kanzlei Fieldfisher, den Absender mit einer Drohmail einzuschüchtern. In der Mail vom 6.6.2017 gerierte Zimprich sich als Fürsprecher der Herren Jensen und Löfken, offensichtlich jedoch ohne von diesen mandatiert worden zu sein. Zimprich drohte dem Absender auch mit "strafrechtlichen Konsequenzen".
Im Rahmen der seit 2009 durchgeführten Recherchen, über die auf diesen Seiten berichtet wird, sind auch Arbeiten mehrerer Journalisten aufgefallen, die Freischreiber angehören. Zunächst wären hier Philipp Hedemann, Dierk Jensen und Jan Oliver Löfken zu nennen.
Die vorliegende Dokumentation zeigt, dass sich die Genannten offenbar an keienrlei professionelle Standards gebunden fühlen und insbesondere die Freischreiber Selbstverpflichtung ignorieren.
Philipp Hedemann gehört seit 2011 zu den Hofberichterstattern der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die GIZ ist ein ausführender Arm der Bundesregierung und finanziert sich fast ausschließlich mit öffentlichen Mitteln.
Wie hier dargelegt und inzwischen von mehreren Autoren bestätigt, versucht die GIZ regelmäßig Eigenwerbung getarnt als journalistische Werke in den Medien zu verbreiten. Die Methode wird seit den 1990er Jahren praktiziert. Dazu wurden Autoren auch ausdrücklich angehalten, ihre journalistischen Kanäle für die Weiterverwertung zu nutzen.
Hedemann hat mehrfach in der GIZ-Hauszeitschrift Akzente und in anderen Medien über GIZ Projekte berichtet. Beispielhaft sei hier auf eine aktuelle Kampagne der GIZ verwiesen: Ergebnis einer Reise Hedemanns mit dem Fotografen Thomas Imo nach Ghana war der Akzente Titel Der Kern der Lösung, der auch in einer englischen Übersetzung erschien.
Später berichtete Hedemann in journalistischen Medien, so in Rheinpfalz am Sonntag (Vergleich), in der Sächsischen Zeitung und der Hannoverschen Allgemeinen. Auch die vom Auswärtigen Amt finanzierte Seite Deutschland.de veröffentlichte einen Bericht. In diesen Berichten wurden jedoch nicht die Fotos von Thomas Imo verwendet, sondern offenbar Marketingfotos, die Hedemann wohl von der GIZ oder den in den Berichten genannten Firmen erhalten hat.
Auch weitere Autoren haben das Material Hedemanns und Fotos von Thomas Imo genutzt. Das zeigen Veröffentlichungen von Timot Szent-Ivanyi (FR, BZ, KStA) und Christian Scheh (FNP).
Die Recherchen zu diesem Fall dauern an. Aber schon jetzt ist klar, dass sich kein Journalist an einer solchen mit öffentlichen Mitteln finanzierten Werbekampagne beteiligen dürfte. Die Arbeitsweise Hedemanns in diesem Fall ist sicher auch nicht mit der Freischreischreiber Selbstverpflichtung vereinbar. So wie in dem geschilderten Fall ist Hedemann mehrfach als Auftragsschreiber tätig geworden. Auf der Seite GIZ wurde zunächst dieser und ein weiterer Fall aus 2011 dokumentiert und öffentlich gemacht.
Auf mehrere schriftliche Anfragen seit Dezember 2016 hat Philipp Hedemann bisher nicht geantwortet.
Über die Arbeitsweise des Freischreibers Dierk Jensen wird seit Januar 2016 hier berichtet. Veröffentlichungen Jensens sind insbesondere auf den Seiten DGS, GIZ, FTD, John Deere, taz und Interviews dokumentiert. Jensen ist auf diese Seiten hingewiesen worden. Bisher liegt jedoch keinerlei Antwort vor.
Jensen gehörte zu den produktivsten und wichtigsten Auftragsschreibern der Bundesverbands Windenergie (BWE). Von 2000 bis 2013 verfasste Jensen über 120 Berichte für das Verbandsmagazin Neue Energie, die zum Teil auch auf englisch im Schwestermagazin New Energy erschienen sind. Grundlage dieser Berichterstattung waren in vielen Fällen Auslandsreisen, die sicher vom BWE oder den Mitgliedsfirmen finanziert worden sind.
Jensen erstellte auch Portraits von BWE-Mitgliedern, die in Neue Energie veröffentlicht wurden. Für die Jubiläumsausgabe 1/2011 wurde Jensen sogar mit der Abfassung einer Art Laudatio Laudatio für die früheren Chefredakteure Erich Haye, Carlo Reeker, Christian Hinsch und Ralf Köpke beauftragt.
Die Auftragsarbeiten für den BWE wurden vielfach in anderen Medien verbreitet. Dabei wurden die Texte oft in typischer Art und Weise manipuliert. Jensen verwendete regelmäßig Arbeitstechniken, die 1996 von Ralf Köpke bei Neue Energie eingeführt und offensichtlich an Jensen sowie andere Autoren weiter gegeben wurden. Letztlich ist die frühere angeblich selbstständige Tätigkeit Jensens für den BWE wohl auch als Scheinselbstständigkeit zu bewerten.
Neben dem BWE hat Jensen auch vielfach für andere kommerzielle Auftraggeber gearbeitet. Prominentes Beispiel ist der Landmaschinenhersteller John Deere. Aktuelles Beispiel ist ein Text für den Bundesverband Ökologischer Weinbau (ECOVIN), der als Grundlage für einen angeblich journalistischen Beitrag in der taz verwendet wurde (Vergleich). So wie in diesem Fall hat Jensen vielfach Texte für kommerzielle, kirchliche, gemeinnützige und öffentliche Auftraggeber auch als journalistische Arbeiten weiter verkauft.
Jensen hat Praktiken zur Verbreitung bestimmter Informationen und Verschleierung der Hintergründe mit entwickelt, praktiziert und weiter verbreitet, gegen die ein Verein wie Freischreiber sich unbedingt aussprechen müsste. Die Mitgliedschaft eines hemmungslosen Auftragsschreibers wie Dierk Jensen in einem Verein wie Freischreiber kommt deshalb geradezu einer Verhöhung der wirklich seriösen freien Journalisten und der Allgemeinheit gleich.
Jan Oliver Löfken bezeichnet sich als Wissenschaftsjournalist. Offenbar pflegt Löfken tatsächlich gute Kontakte zu wissenschaftlichen Einrichtungen, darunter das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Helmholtz Gemeinschaft. Löfken hat auch schon im Fraunhofer-Magazin weiter.vorn veröffentlicht.
Die Berichterstattung Löfkens über wissenschaftliche Projekte ist jedoch erstaunlich oberflächlich, die Beiträge wirken meistens wie schlichte Werbetexte. An Rückmeldungen ist Löfken offenbar grundsätzlich nicht interessiert. Mehrfach reagierte er abweisend und überheblich auf Antworten zu seinen Artikeln und zugesendetes aussagekräftiges Material.
Wie Dierk Jensen hat auch Löfken für das BWE-Magazin Neue Energie geschrieben, allerdings nur wenige Beiträge. Hinsichtlich der Berufsauffassung Löfkens scheint jedoch eine Veröffentlichung in Neue Energie sehr aussagekräftig. So hat Löfken den Beitrag Klimatraum im Wüstensand einige Monate später in manipulierter Fassung im damaligen Börsenpflichtblatt FTD veröffentlicht (Vergleich). Später wurde der Ausgangstitel sogar mit einem Preis ausgezeichnet. Es ist kaum vorstellbar, dass die Jury von dem Plagiat in der FTD wusste, denn sonst hätte Löfken diesen Preis sicher nicht erhalten.
Doch Löfken scheint die Sachverhalte nicht einmal selbst recherchiert zu haben und auch nicht vor Ort in Abu Dhabi gewesen zu sein. Grundlage war wohl ein Beitrag von Kevin Bullis, der in MIT Technology Review erschienen ist. Dieser Bericht erschien auch in einer deutschen Fassung in Technology Review. Die Sachverhalte zu diesem Fall sind auch auf der Seite FTD dokumentiert.
13.6.2017 / Letzte Änderung: