Nach eigener Aussage will Kai Kupferschmidt 2002 seine Schulzeit mit dem Abitur abgeschlossen haben. Im Wintersemester 2004 begann er ein Studium an der Universität Bonn. Wie er die beiden Jahre von 2002 bis 2004 ausgefüllt hat, ist bisher nicht bekannt.
Auf seiner Homepage teilt Kupferschmidt mit: "2004-2008 Studium der Molekularen Biomedizin Uni Bonn". Eine solche Formulierung in einem Lebenslauf wird eigentlich nur verwendet, wenn das Studium ohne Abschluss beendet wurde. Ähnlich formulierte Angaben macht Kupferschmidt auch an anderer Stelle. In weiteren Quellen wird jedoch mitgeteilt, dass Kupferschmidt das Studium mit einer Diplomprüfung abgeschlossen habe. Solche Belege stammen jedoch aus der Zeit bis 2012.
Ebenso bis 2012 hatte Kupferschmidt sich auf seiner Homepage als "Dipl. Molekularbiomediziner" vorgestellt. 2013 hat er den Zusatz "Dipl." jedoch gestrichen und benutzt ihn seither nicht mehr.
Die Universität Bonn hat den Diplomstudiengang Molekulare Biomedzin (MolBioMed) erstmals 2003 angeboten. Studienbeginn war jeweils das Wintersemester, es standen pro Jahrgang nur 30 Studienplätze zur Verfügung.
Bei MolBioMed handelte es sich um einen naturwissenschaftlichen Studiengang, die Universität sprach von einem "Interdisziplinären Exzellenz-Studiengang". Zu den Inhalten gehörten die "molekularen und zellbiologischen Grundlagen des Lebens und deren krankhafte Veränderungen". Es ist leicht nachvollziehbar, dass diese Ausbildung den Absolventen vielfältige berufliche Möglichkeiten in "Forschung, Entwicklung, Diagnostik und Therapie" eröffnete. Andererseits konnten die Absolventen eine wissenschaftliche Laufbahn beginnend mit einer Promotion in Bonn oder weltweit an anderen Universitäten einschlagen.
Den Studiengang MolBioMed gibt es heute noch, er wird inzwischen vom Life & Medical Sciences Institut (LIMES) der Universität Bonn angeboten. Der frühere Diplomstudiengang wurde jedoch durch eine zweistufige Ausbildung, bestehend aus einer Bachelor- und Master-Qualifizierung, ersetzt.
Heute wie damals war die Ausbildung sehr anspruchsvoll. Inzwischen werden die Studenten nur noch nach Abiturnote ausgewählt. In den ersten Jahren wurden teilweise auch Abiturienten zugelassen, die zwar kein herausragendes Abitur vorweisen konnten, dafür in Auswahlgesprächen zu überzeugen wussten.
Die Regelstudienzeit des von Kupferschmidt belegten Diplomstudienganges betrug neun Semester. Die Unterbietung von Regelstudienzeiten ist üblicherweise auch für die besten Studenten kaum möglich. Demnach fällt auf, dass ein regulärer erfolgreicher Abschluss wie von Kupferschmidt angegeben in der Zeit von 2004 bis 2008 schon aus studientechnischen Gründen nicht möglich gewesen sein dürfte. Die Regelstudienzeit des Jahrgangs 2004 endete nämlich erst 2009.
Als tatsächlich herausragender Student hätte Kupferschmidt möglicherweise schon nach acht Semestern alle Prüfungen und die Diplomarbeit vollenden können. Doch damit würde sich die Frage stellen: Welcher herausragende Absolvent eines "interdisziplinären Exzellenz-Studiengangs", dem alle Türen etwa in der Pharma-Industrie und den Universitäten dieser Welt für eine wissenschaftliche Karriere offen standen, würde wohl wie von Kupferschmidt angegeben die Option "Redaktionelle Mitarbeit beim Tagesspiegel" wählen? Sicher niemand. Zudem wäre Kupferschmidt für den Tagesspiegel einerseits dramatisch überqualifiziert, andererseits völlig unqualifiziert gewesen, da ihm jegliche journalistische Grundlagen fehlten.
Auf seiner Homepage gibt Kupferschmidt weiter an, 2008 eine "Ausbildung" an der Berliner Journalisten-Schule (BJS) absolviert zu haben. Diese "Ausbildung" wurde angeblich von der Karl Gerold Stiftung (KGS) mit einem Stipendium gefördert.
Laut BJS wurde jährlich von 1986 bis 2009 eine Ausbildung mit "hervorragendem Ruf" angeboten. Dabei handelte es sich um eine "Kompaktausbildung" für Journalisten mit Berufserfahrung. Insgesamt absolvierten diese Ausbildung 350 Teilnehmer, jeder Jahrgang umfasste 16 Teilnehmer.
Die Lehgänge begannen jeweils am 1. April und dauerten 15 Monate. In den ersten neun Monaten wurden die Teilnehmer vor Ort in Berlin unterrichtet, darauf folgten Praktika in Redaktionen. Offenbar wurde allen Absolventen die erfolgreiche Teilnahme bescheinigt, Abschlussprüfungen gab es nicht.
Es scheint tatsächlich möglich, dass Kupferschmidt an dieser Ausbildung ab dem 1.4.2008 teilgenommen hat. Allerdings hat er wohl die eigentlich obligatorischen Praktika nicht absolviert, denn dazu macht er keinerlei Angaben. Außerdem hat er die Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllt, denn die Ausbildung stand eigentlich nur Journalisten mit praktischer Erfahrung offen. Somit ist nicht nachvollziehbar, warum Kupferschmidt an dieser Ausbildung teilgenommen hat und warum er dafür von der KJS ein Stipendium erhalten haben soll.
Die Aussagen Kupferschmidts zu seinem beruflichen Werdegang sind insgesamt nicht plausibel. Vorausgesetzt er hat an der Ausbildung an der BJS teilgenommen, hätte er sein Studium in Bonn und die Diplomprüfungen bis März 2008 nach nur sieben Semestern absolvieren müssen. Zudem dauerte die Ausbildung an der BJS bis Juni 2009.
Somit waren ein erfolgreicher Abschluss des Studiums in Bonn und die Ausbildung an der BJS in Berlin im Zeitraum 2004 bis 2008 definitiv unmöglich. Offenbar hat Kupferschmidt sein Studium 2007 abgebrochen. In der Zeit hatte er Kontakt mit dem Bonner General-Anzeiger und dort erste Beiträge veröffentlicht. Über den General-Anzeiger ist Kupferschmidt offenbar mit Berliner Zeitungen in Kontakt gekommen, die ihn wohl zum Lehrgang an die BJS vermittelt haben, obwohl er die dortigen Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllte.
Mehrere Anfragen an Kupferschmit blieben bisher unbeantwortet. Auch eine Anfrage an die Karl-Gerold Stiftung mit Bitte um Auskünfte zu dem Stipendium, das Kupferschmidt gewährt worden sein soll, blieb unbeantwortet.
Das LIMES-Institut der Universität Bonn hat auf die Bitte um Einsichtnahme in die Diplomarbeit Kupferschmidts zunächst geantwortet, dass dazu die Zustimmung des Absolventen nötig sei. Zwei Tage wurde mitgeteilt, dass dem Institut keinerlei Prüfungsunterlagen und auch keine Diplomarbeit Kupferschmidts vorlägen.
14.12.2020 / Letzte Änderung: